Ikonographie


Die orthodoxe Ikone

Die orthodoxe Ikone ist ein besonderer Ausdruck und eine Selbstoffenbarung der Kirche; sie ist ein geistlicher Bereich im physischen Raum, in dem sich die Strahlen der orthodoxen Dogmatik, Mystik, Soteriologie und Ästhetik (die Schönheit als ein Aspekt Gottes) treffen.

Die orthodoxe Ikone vermittelt eine Vorstellung von der Schönheit als etwas Heiligem und vom Heiligen als Schönheit. Die Schönheit ist eher eine ontologische, und keine ästhetische Kategorie, daher ist sie eine Orientierung beim Suchen der absoluten Wahrheit. Vom Standpunkt der christlichen Dogmatik aus (rational betrachtete Glaubenswahrheiten) ist sie ein Zeugnis dafür, dass Gottes Sohn Mensch geworden ist, dass das Göttliche Wort Fleisch angenommen hat und die Göttliche Hypostase eine gottmenschliche - konkrete und unwiederholbare - Person geworden ist.

Gott hat fur immer die menschliche Natur angenommen, um dem Menschen den Weg zu seiner ständigen Vergöttlichung zu eröffnen; damit dieser die Schöpfung Gottes krone - der Mensch als Teilhaber der Freiheit und Vollkommenheit des Absoluten Seins.

Die orthodoxe Ikone spiegelt die höchsten Wahrheiten des Glaubens an den Herrn und Erlöser Christus wider - sie ist gleichzeitig Verkündigung und Gebet und ein Mittel für die geistliche Umgestaltung. Die Ikone ist kein Bild, das bloß religiöse Information enthalten würde; sie ist mehr als bloß eine Darstellung. Nach ihrer Weihe enthält die Ikone in sich die gnadenvolle Gegenwart des unsichtbaren Gottes, der in der Inkarnation des Wortes Gottes - Jesu Christi - sichtbar geworden ist. Das entspricht auch den Worten des hl. Simeon von Thessaloniki: “Das mit Farben Gemalte ist die Wahrheit des Bildes, wie das Geschriebene die Wahrheit des Buches ist, und Gottes Gnade ist in ihm, weil die Darstellung heilig ist.” Nach den Bestimmungen des 7. Ökumenischen Konzils (787) geht die Ehre, die dem Bild erwiesen wird, auf das Urbild über.

Man muss zwischen Ikone und Götzenbild unterscheiden. Ein Götzenbild ist das Bild falscher und erdachter Gottheiten, die Ikone ist dagegen eine heilige Darstellung des einzigen und wahren Gottes und Seiner heiligen Engel und Heiligen. Die orthodoxe Ikone ist viel mehr als ein visuelles katechetisches Hilfsmittel oder ein Ersatz des geschriebenen Wortes für die ungebildeten Menschen. Sie hat keine passive Funktion, sondern vermittelt aktiv die Gegenwart des Urbildes und Gottes Gnade an die Gläubigen. Gott erweist Seine Macht und Gnade auf besondere Weise durch einige wundertätige Ikonen, Orte und Gegenstände. Die Hauptsache und das Wesentliche liegt bei diesen wundertätigen Ikonen, dargestellten Personen und Gegenständen nicht in ihnen selbst, nicht in ihren Eigenschaften und in ihrer Materie, sondern in Gottes Erbarmen und Liebe und in Seinem heiligen Willen, Seine Machterweise zu senden, durch wen und wodurch Er will und wo und für wen Er selbst wünscht. Für das Geschenk der Gnade und des Erbarmens Gottes ist von Seiten der Gläubigen ein starker und unerschütterlicher Glaube erforderlich, der von guten und heiligen Taten begleitet wird. Besonders verehrt sind in Bulgarien die wundertätigen Muttergottesikonen im Rila-, Batschkovo-, Rozhen- und Trojankloster. Wundertätige Reliquien sind jene des hl. Iwan Rilski im Rilakloster, sowie diejenigen des hl. Königs Stefan Milutin in der Kirche der hl. Nedelja in Sofia.

In jedem orthodoxen Haus muss eine Ikone sein - Jesus Christi, der Mutter Gottes oder eines Heiligen. Die Ikonen in der Kirche und zu Hause sind nicht zum Schmuck bestimmt, sondern zum Gebet vor ihnen. Sie erinnern uns daran, dass die Augen Gottes, der Engel und Heiligen stets auf uns gerichtet sind. Wenn wir zu Hause oder in der Kirche vor den Ikonen stehen, sollen wir uns bemühen, in dieser Zeit und an diesem Ort alle irdischen Sorgen abzulegen. In diesem Zusammenhang gibt der hl. Johannes von Kronstadt folgenden Rat: “Entsprechend dem Maß der geistlichen Besonnenheit, mit der du vor der heiligen Ikone zu beten beginnst … kommt der Geist dessen, der auf der Ikone dargestellt ist, auf sie herab.” Vor den Ikonen zu Hause werden Öllichter und Kerzen angezündet. Auf diese Weise erfüllt die gnadenhafte Gegenwart der Ikone das ganze Haus und den Alltag des orthodoxen Christen.

Die Ikone schützt das Haus! Die Ikone bringt Erfolg, Glück, Gesundheit und Frieden! Die Ikone behütet die Kinder!